Das vorliegende Buch einer französischen Fernsehjournalistin wurde in Frankreich auf Anhieb zu einem Bestseller und in Windeseile auch in andere Sprachen übersetzt, Warum? Wegen seines unterhaltsamen Plaudertons? Wegen der Leichtigkeit seiner Sprache und der heiteren Selbstironie, mit der sich die Autorin selbst auf die Schippe nimmt? Wegen des Portraits der Innenwelt einer modernen Frau zwischen Gucchi, Selbstergriffenheit und Muttersein? Aus all diesen Gründen und noch einigen mehr geht das Buch weg wie warme Semmeln. Dabei passiert überhaupt nicht viel, nichts entwickelt sich, und am Ende ist die Frau die gleiche wie am Anfang.
Das Buch handelt von einer etwa 40-jährigen, sehr schönen Frau aus einfachen Verhältnissen, die einen erfolgreichen Mann geheiratet hat, mit dem sie zwei wohl geratene Kinder hat. Anhand des Rothschilds Knigge und dem Verhaltensstil etablierter Frauen erwirbt sie ein gesellschaftlich einwandfreies Verhalten, gibt die Teller nur nach links durch und nimmt sich niemals selbst den Käse nach. Trotzdem bleibt ein Rest von Unsicherheit. Macht sie auch alles richtig? Ist der Blumenstrauß zum Kindergeburtstag zu groß, zu klein zu aufwändig? Fragen über Fragen, die aber hinter einem Grundproblem zurücktreten: Wie echt ist die Liebe ihres Mannes? Ihr Mann, den sie noch immer liebt wie am ersten Tag, ist die Sonne, um die sich ihr Leben dreht., aber auch ein Anlass ständiger Sorge. Wenn er nicht im Hause ist, herrscht Unterdruck in der Wohnung, wenn er ihr keinen Gutenachtkuss gibt, kann sie nicht schlafen. Diese Liebe zu ihrem Mann ist ihr kostbarer Besitz und zugleich der Anlass ängstlicher Fragen: wie sicher und beständig wird diese Liebe sein?
Im weiteren Verlauf des Buches zeigt sich, dass es die (namenlose) Hauptperson bei diesen Fragen nicht belässt, sondern ihre Zweifel nährt, kultiviert und auslebt. Im besonderen Heftchen hält sie fest, wenn ihr ihr einmal den falschen Kosename gab oder auf nicht ihre Hand ergriff, obwohl sie ihre Hand ihm griffbereit präsentierte. Regelmäßig betrügt sie ihren Mann, weil sie sich dadurch von dem emotionalen Stau entlastet fühlt, die die bloße Anwesenheit des geliebten Mannes in ihr anrichtet, erzeugt. Liebhaber pikanter Sexszenen kommen übrigens bei diesen Passagen auf ihre Kosten. Wie gesagt, ein amüsantes Buch, in dem sich etwas über das Seelenleben leicht überdrehter Frauen lernen lässt. Es ist teilweise ganz witzig, nicht ganz ernst ernstgemeint, aber sprachlich geschliffen, allerdings kein Abbild eines glaubhaften Charakters. Zu uneinheitlich sind die Marotten, die an dem Leser vorüberzeihen, um einen Mensch aus Fleisch und Blut zu repräsentieren. „Die Frau“ ist ein Zettelkasten von Situationen und amüsanten Marotten, die der Autorin einfallen und die unvermittelt nebeneinander stehen. So unterhaltsam sich das passagenweise liest, am Ende erschöpft sich der Plot, und es kommt nichts Neues mehr. Diesen Roman zu lesen, ist wie in eine Auto steigen, das ein sehr schönes Interieur besitzt, aber nirgendwohin fährt.