Inhaltsverzeichnis und Einleitung
ell warmherzige Gastfreundschaft einer mohammedanischen Gesellschaft, spürte aber auch bereits sehr deutlich, wie sich Teile der Bevölkerung religiös sensibilisierten, um nicht zu sagen: fanatisierten. Der Glasboden der Normalität trug mich noch, als ich mich auf eigene Faust durch Pakistan bewegte. Nur dann und wann habe ich ein Knirschen vernommen, dessen Bedrohlichkeit mit erst im Nachhinein klar wurde.
Und schließlich führte die Reise weiter nach China, einem Land, das nach den schrecklichen Verheerungen des Maoismus damals gerade erwachte und sich anschickte, seine ungeheuren produktiven Kräfte zu sammeln. Die Großstädte, die damals wie von Zauberhand gelenkt, am Rande der zentralasiatischen Wüsten entstanden, die Entfesselung der chinesischen Wirtschaftskräfte, die gigantischen Infrastrukturprojekte, die die chinesische Eisenbahn bis nach Tibet führten, waren damals gerade erst zu ahnen, ebenso wie die ausgefeilten Techniken der totalen Überwachung, die dem modernen China einen so beunruhigenden Anstrich geben.
Die Perspektiven, von denen aus diese Veränderungen beobachtet und beschrieben werden können, sind ganz unterschiedlich, aber sicher gehört die unmittelbare sinnliche Erfahrung eines Reisenden mit ins Bild, auch wenn er vor Ort noch nicht alles versteht, was ihm widerfährt. „Transasia“ bedeutet in diesem Sinne nicht nur eine Reise quer durch Asien, sondern auch das unmittelbare Erlebnis der großen asiatischen Transformation, die in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts Fahrt aufnahm.
Die Grundlage des vorliegenden Buches bilden Reisetagebücher, die ich während der Reise tagtäglich mit einer gewissen obsessiven Beharrlichkeit führte. Nur an wenigen Stellen erlaube ich mir einen Sprung in die Zukunft respektive die Gegenwart, um die Entwicklungen anzudeuten, die sich damals bereits vor Ort bemerkbar machten. Wie idyllisch war das pakistanische Swat Valley in den 1990er Jahren, welche Agonien durchlitten seine Bewohner während der Veitstänze mörderischer Islamlisten nur einige Jahre später. Wie verhalten war der Groll der Uiguren gegen die chinesische Fremdherrschaft, ehe sich daraus ein gewalttätiger Widerstand entwickelte.
Auch wer sich für das Reisen im Allgemeinen und die kulturgeschichtlichen Höhepunkte dieser Regionen im Besonderen interessiert, sollte in dem vorliegenden Buch fündig werden. Denn die Mogulpaläste von Lahore oder die Buddha Grotten von Dunhuang veraltern ebenso wenig wie das Grab des ersten Kaisers in Xian oder die Erinnerungen an große untergegangene Zivilisationen wie Mohenjo Dao am Indus.