Der Autor ist Spiegel Reporter für Brasilien und beschreibt in dem vorliegenden Buch die Situation, wie sie sich in Brasilien etwa im Jahre 2012-2014 darstellt. Der Stil ist stark anekdotisch, was sie Lektüre keineswegs erleichtert. Die Sympathie des Autors gehört uneingeschränkt den Amazonas- Siedlern, den Naturschützern, den Armen in der Favela und den Gewerkschaftlern, die sich für bessere Lebensverhältnisse einsetzen, was durchaus sympathisch ist, wenn man nicht dann und wann nach die Gegenpositionen etwas vermissen würde. Dafür sind die Feinbilder eindeutig: die brasilianischen Parteien sind ebenso wie ihre Politiker öffentlich und ohne jede Scheu korrupt bis in die Knochen. Selbst Präsident Silvio Lula, der Heros der westeuropäischen Mainstreampresse erfährt von Glüsings Seite die ein oder andere zarte Kritik. Soweit man aus dem vorliegenden Text allgemeine Schlussfolgerungen ziehen kann, befindet sich Brasilien trotz aller Stockungen allerdings in einer stürmischen Entwicklung, mit der die Entwicklung der Infrastruktur nicht mitkommt. Die Basis des Landes ist das Agro-Business, das mit den Exporten von Soja und Fleisch nach China unglaublich boomt – zugleich aber rücksichtslos die Umwelt schädigt. Die Versuche, eine eigenständige Ölindustrie aufzubauen, waren nicht erfolgreich, wie der Bankrott des brasilianischen Milliardärs Batista zeigt. Zu den eindringlichsten Passage des Buches gehören die Schilderungen der brutalen Kampagnen der Großgrundbesitzern gegen die Kleineigentümer im Amazonasgebiet. „Über 800 Kleinbauern, Gewerkschaftsführer und Menschenrechtler wurden seit 1972 in der Region ermordet“, notiert Glüsing, „nur in drei Fällen kam es zu einer Gerichtsverhandlung. Die Polizei ist korrupt und schlecht ausgerüstet, viele Polizisten stehen im Sold der Rinderfarmer. Wer bedroht wird, geht nicht zur Polizei. Er kommt zu Dom Erwin”, schreibt Glüsing. Gemeint ist der katholische Bischof Erwin Kräutler, der trotz diverser Todesdrohungen den kriminellen Großlandräubern entgegentritt. Interessant ist auch, was Glüsing über die brasilianischen Favelas schreibt. Sie entstanden erst in den Siebziger und Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts in den großen Städten des Südens, als die armen Arbeitnehmer des Nordens sich auf der Suche nach Arbeit nach Rio, Sao Paulo und anderswohin begaben. „„Über 700 Favelas gibt es in Rio; man schätzt, dass etwa zwei Millionen Einwohner in Slums leben. Die illegalen Siedlungen sind auf keinem Stadtplan verzeichnet. Um nicht ganz die Kontrolle zu verlieren, berät die Stadtverwaltung die Leute beim Bau ihrer Behausungen.” Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn: „„Drei Rauschgiftkartelle kontrollieren etwa 300 der über 700 Favelas von Rio. Wie mittelalterliche Zwingherren herrschen die Drogenbosse über die Favelas. Sie beschäftigen ein Heer von Tausenden »Soldaten« und sind mit Schnellfeuergewehren, Pistolen und Revolvern bewaffnet.” Immerhin hat die Regierung begonnen, die die Favelas zurückzuerobern, indem die Armee in die Slums einmarschiert. „Über 30 Slums wurden in den vergangenen Jahren auf diese Weise befriedet, darunter die durch den gleichnamigen Film berüchtigte »Cidade de Deus«, die »Stadt Gottes.