Reisen in Argentinien und Chile (Weltreisen Band III)
Eine Reise durch Argentinien und Chile gleicht einer Reise durch ein spiegelverzerrtes Europa. So vieles wirkt vertraut, aber so vieles auch fremd und exotisch. Die großbürgerlichen Fassaden von Buenos Aires, die Geschäftigkeit im Zentrum von Santiago de Chile, der Badebetrieb von Vin᷉a del Mar oder die Weinfelder von Mendoza erinnern an Italien und Spanien. Aber wie steht es mit der beängstigenden Weite der Pampa, den Gletschern und Wasserstraßen Patagoniens und vor allem mit den Anden, die jeder Reisende, der vom Atlantik zum Pazifik will, überqueren muss? Die Atmosphäre dieser Plätze erinnert daran, wie Europa einmal gewesen sein könnte, bevor es zum übervölkerten Kontinent wurde.
Noch keine drei Generationen ist es her, da lieferte das reiche Argentinien an Spanien und Frankreich Fleisch und Getreide auf Kredit – Europa hungerte und der Süden Südamerikas barst vor Nahrungsmitteln. Erst ein paar Jahre ist es her, da brach der argentinische Staat unter seiner unglaublichen Schuldenlast zusammen. Diese beiden Daten verdeutlichen den bedauernswerten Abstieg, den der Süden Südamerikas in den letzten Jahrzehnten hat hinnehmen müssen – Argentinien mehr als Chile, dessen Geschichte etwas anders verlaufen ist als die seines größeren Nachbarn. Andere verweisen auf den demokratischen Aufbruch, den beide Länder nach bitteren Jahren der Militärdiktatur eingeleitet haben, auf die neuen Freiheiten und Möglichkeiten eines Lebens am Ende der Welt.
Aber Argentinien und Chile bieten mehr als zeitgeschichtliche Reminiszenzen. Auf einer Fahrt durch Patagonien und Feuerland begegnet der Reisende einigen der schönsten und staunenswertesten Landschaften der Erde, der sturmdurchtosten Inselwelt des chilenischen Südens, dem Torres del Paine-Massiv, dem Perito Moreno Gletscher, der Magellanstraße und zuletzt Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Auch wenn der Tourismus selbst hier im Vormarsch ist, liegen diese Gebiete noch immer buchstäblich am Rande, an der Peripherie des Planeten, die zu besuchen alles relativiert, was wir von unseren Breitengraden her kennen.
So kommen auf einer Reise zwischen Buenos Aires und Santiago de Chile, zwischen der Pampa und Feuerland die Stimmungen und Bilder unterschiedlicher Zeiten und Weltteile zusammen, ohne dass sie ineinander aufgehen würden. Diese Regionen gleichen tatsächlich einem fremden Spiegel, in den der Europäer blicken kann, wenn er nicht nur die Fremde, sondern auch sich selbst ein wenig besser kennenlernen möchte. Und nicht zuletzt ist eine solche Reise auch ein Reiseabenteuer, das 12000 Kilometer von der Heimat entfernt beginnt und 15.000 km von Europa entfernt ihr Ende findet.
Ich bin im Spätsommer, Herbst und Winter durch Argentinien und Chile gereist, abgesehen von einem einzigen Inlandsflug immer mit Bussen und Schiffen, die ich vor Ort gebucht habe. Ich habe dabei zweimal die Anden überquert, bin durch die Pampa gefahren, habe die Magellanstraße überquert und bin mit einer Lastfähre auf dem offenen Pazifik gekreuzt. Manchmal war es beängstigend, sehr oft hat es geregnet, immer aber war es so interessant und beglückend, wie man es sich von einer großen Reise erträumt.
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