Schwer zu sagen, warum diese Geschichte den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht. Es ist nicht die Brillanz der Sprache – im Gegenteil: der Ton, in dem die Geschichte erzählt wird, ist zurückhaltend, präzise, aber nicht spektakulär. Es fehlen die funkelnden Aphorismen, die den Leser begeistern, und es geschieht auch recht wenig in dem vorliegenden Buch. Hajime, ein Einzelkind aus einem Vorort mit lauter kleinen Einfamilienhäusern, wächst auf, studiert, heiratet, arbeitet in einem Buchverlag, ehe er eine wohlhabende Tochter heiratet und sich mit Hilfe des Schwiegervaters als Besitzer zweier Jazzclub eine wohlhabende Existenz schafft. Hajimes Problem ist nicht seine Leben, sondern seine Gefühlswelt, er ist ein Melancholiker, ein von seinen Kindheitsträumen Verhexter, der Zeit seines Lebens jenen besonderen „Magnetismus“ der Liebe sucht, den er schon lange vor dem Erwachen der Sexualität im Alter von zwölf Jahren erfahren hat. Das Traumbild, an dem Hajime krankt, ist die Erinnerung an die schöne Shimamoto, an ein scheues zurückhaltendes, leicht hinkendes Mädchen, eine Seelenverwandte, mit der er eine verträumte Ewigkeit lang die gleiche Musik hören, die gleichen Ängste teilen, die gleichen Bücher lesen und die gleichen Gedanken austauschen konnte. Als sich die beiden Kinder aus dem Augen verlieren und Hajime seinen Vorort verlässt um zu studieren und seine ersten Erfahrungen in der Liebe zu erleben, bleibt der Traum vom völligen Einssein mit einem anderen Menschen wie eine Wunde zurück. Gemessen an diesem Ideal wird er von der Realität der Frauen, die ihm begegnen, immer nur enttäuscht: die scheue Izumi, mit der er seine ersten sexuellen Erfahrungen sammelt, ihre Cousine, mit der er zum ersten Mal schläft, sogar seine Frau Yukiko, die er im Rahmen seiner Möglichkeiten liebt, lassen ihn letztlich unerfüllt. Die Jahre vergehen, doch mit dem Erfolg, den ihm das Leben bringt, wächst auch die innere Leere – er leidet an einer Krankheit, die an einer Stelle des Buches als die „sibirische Hysterie“ beschrieben wird, einem Überdruss an „den immer gleichen Horizonten“, der den Leidenden irgendwann in das Verderben treibt. In diesem Einerlei mittleren Jahre trifft Hajime plötzlich wieder auf Shimamoto – wie ein wunderbar erwachsen gewordener Traum erscheint sie zuerst gelegentlich, dann immer regelmäßiger in seinen Jazzzclubs, ehe sie sich gegenseitig erkennen geben und einander verfallen. Schon einig, alles hinter sich zu lassen und ein gemeinsames Leben zu beginnen, schlafen sie ein einziges mal miteinander, ehe Shimamoto erneut und endgültig verschwindet und Hajime ein zweites Mal mit seiner eigenen Leere konfrontiert wird. Was ist die Moral von der Geschicht´? Wer will, kann das Buch als eine psychologische Studie des modernen Japaners lesen oder als eine Variation über die Unberechenbarkeit der Frauen. Vielleicht aber ist es auch eine Parabel von den Träumen, die uns plagen, von den Shimamotos, die nur als Objekte der Sehnsucht aber nicht des Lebens taugen und von denen man sich frei machen muss, will man an der Präsenz der Träume nicht zugrunde gehen. Sich von „den Träumen, die uns plagen“ zu lösen und dem „sibirischen Wahnsinn“ widerstehen – an dieser Aufgabe scheitern manche wie Isuzu, manche finden ihren Weg wie Hajime, den am Ende seine Ehefrau Yukiko erlöst.