„Wohin fährst du?“ Uka-stan, Kaka-stan, Dingsda-Stan?“ Dass mir selbst gebildete Freunde derartige Fragen stellten, zeigte, dass Usbekistan und seine Schönheiten noch nicht im allgemeinen Bewusstsein angekommen sind. Statt Usbekistan würde man auch besser von DER SEIDENSTRASSE sprechen, von Chiwa, Buchara und Samarkand, den sagenhaften Städten aus Tausendundeiner Nacht, die jede Reise wert sind.
Allerdings liegt Usbekistan ziemlich nahe an Afghanistan. Nicht, dass wir unsere Jungs in Kundus besuchen wollten, wir hatten eher Angst, dass uns die Taliban im Süden Usbekistan besuchen könnten oder dass sich talibanaffine Usbeken an alleine herumreisende Travellern vergreifen würden. Das war der Grund, warum wir anders als sonst unsere Reise nicht hundert Prozent selbst organisiert sondern mit Hilfe einer Agentur durchgeführt haben, die uns für die gesamte zweiwöchige Reise Wagen, Hotel und Fahrer stellte und über die unsere Lieben daheim notfalls immer erfahren konnten, wo wir uns gerade aufhielten. Im Nachherein hat sich diese Vorsicht als übertrieben herausgestellt. Präsident Karimov, über den man sagen mag, was man will, hat das Land fest im Griff, und kein Islamist zeigt seinen Hintern in der Öffentlichkeit.
Die usbekische Agentur, die uns zur Seite stand und die ich an dieser Stelle nur wärm-stens em-pfehlen kann (ohne dass ich dafür irgendwelche Kohle bekomme), ist Karavan Travel, ein etablierter Reiseveranstalter, der uns – außer einem Guide in Tashkent (siehe weiter unten) – nicht enttäuschte. Vor allem unser Betreuer Djor verdient höchstes Lob, er war kompetent, einsatzbereit und einfach ein netter Kerl, mit dem man gerne unterwegs war.
VORBEREITUNG: Nachdem wir uns unter Rückgriff auf die Angebotspakete von Karavan Travel eine Tour zusammengestellt hatten, buchten wir auf eigene Rechnung einen Hin- und Rückflug mit Usbekistan Airways von Frankfurt nach Tashkent und zurück inklusive des nötigen Inlandsfluges. Gebucht habe ich bei der Agentur Flugexpress in Köln, mit der ich schon seit über dreißig Jahren unterwegs bin und von der ich noch nie enttäuscht wurde. Mit etwa 80 Euro schlägt das Visum zu Buche, das auf einem speziellen Ausdruck der usbekischen Botschaft beantragt werden muss. Aber Achtung: in der Konsularabteilung dieser Botschaft geht es drunter und drüber. Wie mir der zuständige Sachbearbeiter, der sich selbst als „Herr Konsul“ vorstellte, mitteilte, werden die Sendungsnummern der ausgehenden Pässe NICHT notiert – und dass, obwohl man Hin- und Rücksendung per Einschreiben frei machen muss. Man steht also auf dem Schlauch, wenn der Pass bei der Rücksendung verloren geht. Mit ist das beinahe passiert, aber das ist eine andere Geschichte. Also: das Visum früh beantragen, am besten 6 Wochen vorher.
Unsere Reiseroute (Karte siehe unten)
1.Etappe Tashkent
Über Usbekistan Airways kann ich nichts Schlechtes sagen, außer, dass die Stewards und Stewardessen so stattlich waren, dass sie kaum durch die engen Gänge passten. Die Bordverpflegung war dagegen etwas karg, aber man kam zurecht. Der Flug dauerte 6 ½ Stunden und führte direkt vom Terminal 2 des Frankfurter Flughafens nach Tashkent. Bei der Einreise muss man seine Devisen deklarieren, was viele Reisende in Unruhe versetzte, auch wenn sich später herausstellte, dass das bei der Ausreise keinen mehr interessierte. Tashkent, wo alle Usbekistanreisen beginnen und enden, war eine moderne, übersichtlich organisierte Stadt, die trotzdem viel interessanter war, als wir uns das vorgestellt hatten. Das Erdbebendenkmal zur Erinnerung an das große Erdbeben aus dem Jahre 1966, die Kukuldasch-Medrese, das Koran-Museum, der Unab-hängigkeitsplatz und das Timuriden museum sind jederzeit einen Besuch wert. Erster Eindruck: ein extrem weltoffenes islamisches Land (Ja, auch das gibt es!) mit freundlichen Menschen und extrem günstigen Preisen. Kaum Verschleierte oder Salafistenbärte auf den Straßen, dafür absolut nette Leute, wohin wir auch kamen. Welch eine Augenweide waren die entzückenden jungen Mädchen, die nicht wie Vogelscheuchen herumliefen, sondern in der Fülle ihres Liebreizes die Straßen verschönderten. Wie schlecht beraten sind manche islamischen Länder, die die schönere Hälfte ihrer Bevölkerung in der Öffentlichkeit einfach mit schwarzem Stoff verhüllen. Nächste Erkenntnis: Der offizielle Umtauschkurs von 1 Euro zu 3000 Sum war reine Theorie, denn mittlerweile lag der Schwarzmarktkurs bei 1 zu 5000, und jeder – selbst die staatlichen Hotels – rechneten so ab.
An dieser Stelle deswegen eine Warnung: Lassen sie sich von Ihrem Führer nicht erzählen, wie hoch der Schwarzmarktkurs ist. Fragen Sie selbst auf dem Bazar und dem Markt nach. Führer ziehen ihren Klienten nämlich in dieser Hinsicht ganz gerne schon mal das Fell über die Ohren.
2.Etappe: Ferghana-Tal
Nach der Besichtigung von Taskhent fuhren wir am zweiten Tag mit dem Wagen über den Kuchmik Pass in das Ferghana-Tal. Das Ferghana-Tal liegt etwa 250 km östlich von Tashkent im Schnittpunkt von Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und Kasachstan. Es ist das fruchtbare Herz Zentralasiens, 180 Kilometer breit und 300 Kilometer lag und war lange Zeit ein Stützpunkt radikaler Islamisten, die aber von den Machthabern der zentralasiatischen Republiken inzwischen derart viel Mores bekommen haben, dass sie sich entweder bedeckt halten oder gleich nach Afghanistan gehen. Wir besuchten die Stadt Kokand, ein Khanat, das die Russen im 19.Jhdt einkassierten, wurden Zeugen wie auf einem moslemischen Friedhof der „böse Blick“ ausgetrieben wurde und aßen einen wunderbaren Schaschlik in Ferghana-Stadt. Wir überquerten den Syr Darja, den antiken Jaxartes, an dem Alexander der Große seine Amazonenschlacht focht und beobachteten die Frauen bei der Baumwollernte ( Die Männer saßen daneben und rauchten). Wenn wir gewollt hätten, wären auch Stippvisiten in eine Textilfabrik und eine Töpferei möglich gewesen, aber wir lagen nach der langen Fahrt lieber ein wenig auf der faulen Haut. Landschaftlich berauschend war das Ferghana-Tal nicht, weil das Tal flach wie eine Flunder ist, allein einige Ausblicke auf dem Kuchmik Pass waren beeindruckend. Dieser Ausflug dauerte zwei Tage. Dass wir beide Strecken mit dem Wagen gefahren sind, hätte nicht sein müssen. Besser wäre es gewesen, wir wären eine Strecke geflogen.
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Etappe; Karalpakstan und Choresmien
Auf jeden Fall fliegen muss man bei einem Besuch der autonomen Provinz Karalkapstan (nicht: Karalpakistan!). Anderthalb Stunden dauerte der Flug von Tashkent nach Nukus (1100km), der Hauptstadt Karalpakstans. Von Nukus aus ist es möglich, weiter nach Norden zu fahren und sich die Salzlöcher anzusehen, die vom Aralsee übrig geblieben sind. Wir verzichteten darauf, und nachdem auch der Besuch des Savitsky-Museums in die Hose ging (es war Montag!), besichtigten wir die versunkenen Städte des alten Choresmiens. Die Geschichtsbewanderten wissen natürlich, dass Choresmien ein uraltes iranisches Kulturgebiet war, das in den altvorderen Zeiten, als der Aralsee noch vom Amu Darja (Oxus) und dem Syr Darja (Jaxartes) gespeist wurde, sich der üppigsten Fruchtbarkeit erfreute. Heute versickern Amu Darja und Syr Darja auf dem Weg zum ehemaligen Aralsee einfach in der Wüste, weil ihnen für die Bewässerung der Baumwollfelder unterwegs zu viel Wasser abgezapft wird. Die Folgen in Karalpakstan sind: Sand, Ödnis und Staub. Ayaz Qala und Toprak Qala, alte choresmische Königsstädte, einstmals inmitten blühender Landschaften gelegen, liegen heute wie aufgequollene Steinruinen mitten in der Wüste. Sie zu besichtigen war trotzdem ein Erlebnis, denn die von der Sonne hartgebackenen Steinruinen wirkten wie aufgequollene Mischwesen auf dem Rückweg von der Geschichte in die Geologie. Bei Toprak Qala übernachteten wir in einem Yurtencamp in der Wüste, spielten mit der kleinen Wüstenkatze und froren uns in der kalten Wüstennacht den Werweißwas zu. Aber schön wars trotzdem
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Etappe Chiwa
Wenn es irgendwo einen inszenierten Orient gibt, d.h. einen Orient, der sich in seiner Gestaltung genau an den Erwartungen der Besucher anpasst, dann ist es die Bilderbuchstadt Chiwa. Auch wenn sie einem auf den ersten Blick wie ein wahrer Augenschmaus erscheint, darf man die Wahrheit nicht verschweigen: Nichts in dieser Altstadt ist älter als 200 Jahre, das meiste ist erst in den letzten Jahren so proper instandgesetzt worden, als handele es sich um die Wiedereröffnung eines historischen Disneylands. Dies vorausgeschickt, wird man allerdings auch anerkennen müssen, dasss die Stadt ein wahrer Augenöffner ist – das Kala Minar, das dicke Minarett, die südlichen Stadtmauern waren beeindruckend, geradezu erhaben war der Ausblick von der Zitadelle auf die Stadt, ansprechend das große Denkmal Al Choresmis, des Erfinders der Algebra, und dass wir in den Zellen einer alten Medrese wohnten, bescherte uns viel Atmosphäre. Aber wenn die Sonne unterging, dann wurde Chiwa leer. Das einzige Kamel, mit dem sich tagsüber die Touristen fotografieren lassen konnten, verschwand in seinem Stall. Die Touristen blieben unter sich im Schaschlik-Restaurant, Einheimische waren nur als Köche und Kellner aktiv. Das Leben war anderswo. Ein, maximal zwei Tage in dieser Stadt sind genug.
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Etappe Buchara
Von Chiwa aus kann man nach Buchara fliegen (1 Stunde), wir aber sind sieben Stunden und knapp 500 km durch die Wüste gefahren. Die Straße war gut, aber zu sehen gab es nichts – wenn man einmal vom Amu Darja, absah, der zwischen Chiwa und Buchara noch ganz stattlich aussah. Buchara selbst aber war eine Wucht, lebendiger als Chiwa und mit höherwertigeren historischen Überresten ausgestattet. Bombig die Front der Miri Arab Medrese, da blieb mir fast die Spucke weg, einfach monumental die Kala Moschee mit ihrem Riesenminarett, von dem früher die Verurteilten, in Säcken eingepackt, in den Tod geworfen wurden. Kunstgeschichtlich am beeindruckendsten war das Mausoleum Sultan Ismail I, des ersten Herrschers der Samaniden, unter dem Buchara vor eintausend Jahren seine Blütezeit erlebte. Nach der Mongolenzeit war Buchara das Zentrum eines Khanats mit fetten Sutanen, die von ihrer Burg, dem Ark von Buchara, aus ihre Untertanen bis aufs Blut gepiesackt hatten, und wenn ich überhaupt irgendetwas an den Bolschewiken gut finde, dann die Tatsache, dass die Kommunisten den letzten Sultan im Jahre 1920 zum Teufel jagten. Allerdings hausten die Kommunisten anschließend in Usbekistan schlimmer als die Mongolen. Das Klima in Buchara war milde, die Stimmung entspannt, wir aßen Kuchen bei Gertrud in einem deutschen Café, und abends saßen wir am Labi Hauz, einem kleinen See mitten in der Stadt, und tranken einheimischen Wein. Tagsüber waren wir emsig und haben nichts ausgelassen, wenngleich ich rückblickend sagen würde, dass man sich nicht jede
Bonsai- Sehenswürdigkeit reinziehen muss. Der fundamentalistische Nadschbandi-Komplex an der Peripherie der Stadt gab mir ebenso wenig wie der Besuch des epigonalen Khan-Palastes. Viel angenehmer war es, sauf dem großen Platz zwischen der Miri Arab Medrese und der Kala Moschee abzuhängen und zu beobachten, wie die Pänz Fußball spielten, die Gläubigen zum Gebt in die Moschee gingen oder die Hochzeitspaare für das obligate Erinnerungsfoto posierten.
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Etappe Samarkand
Auch die Reise von Buchara nach Samarkand dauerte vier bis fünf Stunden, vor allem, weil wir unterwegs in Shahrisabs Station machten, dem Geburtsort des Völkerschlächters Timur in der Nähe der afghanischen Grenze. Timur, auf den die Usbeken sehr stolz sind, war der größte Mega-Töter der islamischen Geschichte, er verwüstete als Nachfahre Dschinghis Khans zwischen 1370 bis 1405 den gesamten vorderen und mittleren Osten, hat 100.000 Inder bei der Einnahme von Delhi umgebracht und eine riesige Schädelpyramide aus zigtausenden Köpfen bei der Vernichtung Bagdads errichten lassen. Trotzdem wurden in Shahrisabs mächtig gebaut, weil im nächsten Jahr 2016 der 680. Geburtstag des Völkermörders ansteht. Meine Meinung mit Verlaub: Er möge in der Hölle schmoren.
Allerdings muss auch gesagt werden, dass Timur im Unterschied zu seinem Vorfahren Dschinghis Khan nicht nur zerstört, sondern mit der Beute seiner transkontinentalen Plünderungszüge seine Hauptstadt Samarkand gewaltig ausgebaut hat. So ist Samarkand der Abschluss und Höhepunkt jeder Usbekistanreise, für den man sich mindestens drei Tage Zeit nehmen sollte. Wir wohnten im Bibi Hanum Hotel mit direktem Ausblick auf die gigantische Bibi Hanum Moschee und einem unschlagbaren Dachgarten, auf dem wir stundenlang herumsaßen und uns an der Aussicht ergötzten. Zum sogenannten Registan, dem Platz der drei Medresen, war es nur ein kurzer Fußmarsch. Wir besuchten das Observatorium von Timurs Enkel Ulugh-Beg, der als toleranter und astronomisch kompetenter Nachfahre Timurs völlig aus der Art geschlagen und folglich von islamischen Fundamentalisten ermordet worden war. Interessant war der Besuch der Totenstadt Shohizinda mit ihren monumentalen Gräbern, ein Spaziergang über den lebhaften Bazar und eine Stippvisite zu einer Papiermanufaktur, in der man die traditionelle Herstellung von Papier beobachten konnte. Nirgendwo anders als in Samarkand begann der Siegeszug des Papiers durch den Orient bis nach Europa, nachdem chinesische Kriegsgefangene im Jahre 751 in Samarkand das Geheimnis der Papierherstellung verraten hatten.
Am Abend des dritten Tages unseres Samarkand-Aufenthaltes nahmen wir den Afrosyiab-Express, einen Schnellzug, der uns in zwei Stunden wieder nach Tashkent brachte, von wo aus wir am nächsten Morgen in aller Frühe wieder heimflogen.
Was hat es gekostet?
Natürlich haben wir unterwegs zahlreiche Gruppen getroffen, deren Teilnehmer für diese Reise richtig hatten blechen müssen. Allerdings waren auch Traveller unterwegs, die ihre selbstorgansierte Tour zu einem unglaublich günstigen Preisen abwickelten. Wir haben für die ganze zweiwöchige Reise tutti kompletti 2.400 Euro pro Person bezahlt, und zwar
Flüge (Langstrecke und Inlandsflug Tashkent-Nukus ) 837 Euro
Visum 80 Euro
Karavan Travel Transfers, Hotel, Fahrer,Führer, Eintritte, Frühstück für 2 Wochen 1270 Euro
Alle Abendessen, Trinkgelder und Geschenke 200 Euro
SUMME ca 2.400 Euro
(Besonders die geringe Summe für die Ausgaben vor Ort für Abendessen etc. zeigt, wie unfassbar billig dieses Land für Europäer ist. So kostet ein reichhaltiges Abendessen kaum mehr als umgerechnet 5 oder 6 Euro).
Do 24 -9 Flug Frankfurt nach Tashkent
Fr 25-9 Tashkent
Sa 26-9 Ferghana-Tal
Mo 28-9 Flug Nukus Wüste
Di 29-9 Chiwa
Mi 30-9 Chiwa
Fr 2-10 Buchara
Sa 3-10 Buchara
So 4-10 Buchara-Shahrisabs-Samarkand
Di 6-10 Samarkand
Mi 7-10 Samarkand nachTashkent
Do 8-10 Flug Tashkent-Frankfurt
Wer mehr wissen möchte, dem empfehle ich: Ludwig Witzani: Usbekisches Reisetagebuch
Wer sich nicht nur über Usbekistan, sondern auch über den Iran informieren mchte, der greife zum 6. Band meiner Weltreise-Reihe „Der Mullah und das Paradies. Iran und Usbekistan.