Einladung nach Westafrika

Westafrika

Neu gelesen und uneingeschränkt empfehlenswert: Astrid MacMillian: Afrika fernab erlebt. Band 1: Der K-Wagnis – Von Karlsruhe nach Kapstadt 

  Die Geographen teilen den afrikanischen Kontinent in fünf große Regionen ein: den vorwiegend arabischen Norden, zu dem auch Ägypten und der Sudan gezählt wird, den atlantischen Westen mit dem Schwergewicht Nigeria, sodann Zentralafrika um den Kongofluss, schließlich Südostafrika mit Kenia, Tansania, Malawi und Madagaskar und last noch least das südliche Afrika mit Botswana, Namibia und der südafrikanischen Union. Was aber ist das wahre Afrika?

Viele halten Westafrika für das wahre Afrika, d. h. für einen Teil des schwarzen Kontinents, in dem Araber und Europäer nicht ganz so stark in die  Entwicklung eingegriffen haben wie in anderen Teilen Afrikas. Ob man es begrüßt oder beklagt – in Westafrika treten dem Reisenden die autochthonen Traditionen des Animismus in ihrer Farbigkeit und ihren Schattenseiten (vgl. Achebe: Okonwko ) , die Realität der Stammesgeselslchaften aber auch der politischen Korruption stärker entgegen als  anderswo. Wenn man wissen will, was aus Afrika werden wird, soll man nach Westafrika schauen, sagte Graham Greene schon in der Mitte des 20. Jhdt. Und dieser Satz scheint heute wahrer zu sein als jemals zuvor.

Was aber ist Westafrika? Umrissweise eine Großregion, in der in nicht weniger als 16 unterschiedlichen Staaten (Sengal, Gamibia, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone, Elfenbeinküste, Liberia, Ghana, Togo, Benin, Niger, Nigeria, Mauretanien, Mali, Bukina Faso und Cabo Verde)und  insgesamt Hunderte von Völkern mit ebenso vielen Sprachen leben, ein Gebiet flächenmäßig so groß wie die USA mit noch mehr Einwohnern ( nämlich 340 Millionen) und mit dem größten Bevölkerungswachstum der Erde. Im Norden begrenzt durch die Sahara im Süden durch die Dschungel Zentralafrikas wird dieses Gebiet durch den Niger durchflossen, Afrikas drittlängster Strom, an dessen Ufer das sagenhafte Timbuktu über Jahrhunderte die Phantasie der Europäer entzündete.

Leider ist Westafrika alles andere als ein verlockendes touristisches Zielgebiet. Nicht, dass es nicht genug zu sehen gäbe: mit seinen Stränden, seiner originärer schwarzafrikanischen  Kultur und seinen geschichtlichen Zeugnissen ist Westafrika wahrscheinlich der interessanteste Teil des Kontinentes. Sondern weil die Menschen dieser Region seit über einer Generation an mörderischen Kriegen, gefährlichen Seuchen und an  ihren ausbeuterischen Eliten leiden.  Der radikale Islamismus ist auch hier im Vormarsch und hat seit einigen Jahren eine der Traumreisen unserer Erde, die Piroggenfahrt von Djenne nach Timbuktu, unmöglich gemacht. Werde ich Timbuktu in diesem leben wahrscheinlich nicht mehr besuchen könne, so war ich doch in Gambia, im Senegal und auf den Kapverdischen Inseln, drei kleinen Enklaven im Windschatten der großen Konflikte, in denen sogar eine bescheidene touristische Infrastruktur existiert und funktioniert.

Über Nigeria, den afrikanischen Koloss mit seinen bald 200 Millionen –Einwohnern, kann man nur lesen, denn eine Reise durch dieses Land ist, wie die Bücher von Olbert und Cole zeigen, eine lebensgefährliche Unternehmung. Deswegen beschäftigen sich auch die meisten Bücher dieser „Einladung nach Westafrika“ mit Nigeria, einem potenziell reichenLand mit über hundert Millionen bettelarmer Menschen, an dessen Entwicklung sich das Schicksal Afrikas entscheiden wird.  Wie alles in Nigeria begann, zeigen die Bücher von Chinua Achebe, wie es heute aussieht, dokumentiert der Reisebericht von Teju Cole. Wie es ganz früher im kolonialen Afrika zuging, beschreibt Graham Greene. Was den Reisenden erwartet, der sich trotzdem auf den Weg macht, kann der Leser in dem wunderbaren Reisebuch von Olbert nachlesen. Und schließlich bietet Stangles Buch „Der einzige Ort“ eine literarische Transzendierung europäischer Afrikamythen. Wen es nach Fakten verlangt, der greife zu den letzten vier Kapiteln von Peter Scholl Latours „Afrikanischer Totenklage“, als Ergänzung dazu ist auch Bartholomäus Grills „Ach, Afrika“ mit Gewinn zu lesen.

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